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Auf ein Glas Wein mit Katharina Kleine Vennekate

Auf ein Glas Wein mit Katharina Kleine Vennekate

Die Sozialexpertin

Viele kennen sie schon und noch mehr werden wohl glauben sie zu kennen. Ging uns auch so. Man hört „Studenten Pastorin“, „Eben-Ezer“, „Ruanda Hilfe“ und man muss schon verdammt immun gegen Klischees sein, damit nicht bestimmte Raster im Kopf anspringen. Da ist so eine nette, christliche Gutmenschin, die hungernden Kindern, Eimer mit Hilfsgütern überreicht und die psychischen Prüfungswracks von Studenten, an der Hochschule mit Kumbaya my Lord beruhigt.

Gibt man ihr eine Viertelstunde Zeit, lässt sie warmlaufen, tritt sie aus ihrer verbindlichen und zurückhaltenden Art heraus und gibt einem anderen Teil ihrer Persönlichkeit Raum. Plötzlich taucht eine glasklare Sozialwissenschaftlerin auf, die unsere politischen und gesellschaftlichen Strukturen nicht nur durchschaut, sondern theoretisch wie praktisch tief durchdringt.
Da ist eine, die weit über den Tellerrand grüner oder christlicher Gesellschaftsutopien hinaus denkt.

Sie ist fasziniert von dem Konzept der Gemeinwohlökonomie, das in den 1990er Jahren von einer Gruppe um den Heidelberger Wirtschaftswissenschaftler Hans Diefenbacher, den Wiener Attac Aktivisten und Initiator der Bank für Gemeinwohl Christian Felber, den britischen Ökonomen und Autor Richard Douthwaite, und anderen entwickelt wurde. Dabei geht es darum, wirtschaftlichen Erfolg nicht mehr nur am Wachstum, sondern am Beitrag zu Gemeinwohl, Kooperation und Gemeinwesen zu messen.
Da zeigt sich eine hochintelligente Kämpferin für gerechtere und lebenswertere Strukturen in unserer Gesellschaft.

Die Position als Bürgermeisterin sieht sie als Chance, die Strategien in Gesundheit, Pflege, Lebensqualität, Klimaschutz, Digitalisierung und nachhaltigem wirtschaften zu verbessern, weil sie sieht, wie die Dinge zusammenhängen. Dabei ist sie eine erfahrene Managerin, die innerhalb der kirchliche Strukturen viel Verwaltungsarbeit gelernt hat. Und dabei geht es um große Räder, nicht um eine Gemeinde.

Neulich trafen wir jemanden, mit dem wir über alle Kandidaten sprachen. Als die Rede darauf kam, dass sie Bürgermeisterin werden wolle, meinte unser Gegenüber: „Ja, in Ruanda.“ Das war witzig gemeint und war auch irgendwie witzig. Aber es offenbart vor allem zwei Dinge: 1. Wir ordnen Menschen schnell ein, reduzieren sie auf die interessantesten Nachrichten, die wir von ihnen haben. 2. Sie hat den Mumm, sich in Gegenden zu begeben, wo man als Westeuropäer weit aus seiner Komfortzone heraustreten muss um klar zu kommen. Im Übrigen hat sie dort nicht Hilfsgüter abgeworfen, sondern als Gast-Dozentin an der Uni unterrichtet. Also nachhaltige Förderung betrieben, statt bilderstarkem Gutmenschentum.

 

Katharina Kleine Vennekate tritt nicht auf, sie kommt herein. Sie öffnet sich neugierig für ihre Gegenüber. Bei uns auch, für den ihr unbekannten Käse, und entspannt sich rasch, wenn sie über die Zukunft des Zusammenlebens spricht. Wie schon gesagt, sie braucht ein bisschen. Bis sich dann das Kämpferische, die Entschlossenheit Bahn bricht, da spürt man die Prägung durch ihre Welt. Ist das gut oder schlecht für eine Bürgermeisterin? Ist es nicht vor allem gut, für Menschlichkeit und Authentizität zu sein. Anfangs spürt man auch den latenten Selbstzweifel, den man vor allem bei Menschen sieht, die nicht immer automatisch überzeugt sind, sowieso alles zu wissen und Recht zu haben. Sie denkt lieber, bevor sie redet und Dominanzgehabe ist ihr sehr fern.

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